Indien – September 2019
„The first condition to understand a foreign country is to smell it.“
Rudyard Kipling
Wir sind ja nun schon viel herum gekommen auf der Welt, aber vor Indien hatten wir schon eine Menge Respekt! Man hört ja so einiges…
Delhi
Mitten in der Nacht landete unser Flieger in Neu-Delhi und wir wurden dennoch von einer unglaublichen Schwüle empfangen, die uns die nächsten Tage weiterhin begleiten sollte. Ein Fahrer fuhr uns zunächst ins Hotel, bevor wir am Mittag die ersten Erkundungen machten. Mr. Sanjay hat uns als erstes durch den modernen Teil von Delhi gefahren, gab uns Tipps und wir genossen den Anblick von Humayun’s Grab, den Lodhi Gärten, dem Präsidentenhaus und dem weit entfernten India Gate und genossen unser erstes, unglaublich leckeres indisches Essen bevor dieser Tag schon wieder endete…. Viel schöner und angenehmer als gedacht! Und so sollte auch der Folgetag beginnen: der prächtige Akshardham-Tempel wurde erst 2005 erbaut, ist UNESCO Weltkulturerbe und der größte Hindu-Tempelkomplex der Welt. Leider sind Fotos dort nicht erlaubt aber Ursula war ganz begeistert von den verzierten weißen Marmorwänden und den kunstvollen Figuren rund um den Tempel. Die Jamia Masjid Moschee in Old Delhi konnte da leider nicht mithalten. Beeindruckt war Ursula aber von der Rikscha-Tour durch die Märkte von Old Delhi! Mit eingezogenen Flügelchen düsten wir durch die engen Gassen, unter wilden Stromkabel-Konstruktionen hindurch und zu den verschiedenen Märkten: Gewürz-, Gold-, Papiermarkt… Einer Gasse wurde sogar gänzlich Hochzeitskarten gewidmet. Absolut verrückt! Sowas haben wir noch nicht erlebt!
Am Abend haben wir dann unsere Reisegruppe getroffen und direkt eines unserer Highlights der ganzen Reise erlebt! Wir fuhren zu einem Sikh-Tempel, spendeten einen Sack Reis und konnten dort mit 400 anderen Menschen in einem großen Saal gemeinsam essen – quasi gratis! Ursulas angebotene Hilfe in der Küche zu helfen, wurde aufgrund zu vieler Helfer nämlich leider abgelehnt. Das Essen war wahnsinnig gut, musste unbedingt aufgegessen werden (es wird nichts verschwendet! Sonst gibt’s Ärger! Sehr gut!) und wir werden wohl niemals mehr einen soooo guten Milchreis bekommen 😀 !! Nach diesem einmaligen Erlebnis ging es noch geschwind zum India Gate und der riesigen Fahne am Connaught Place, bevor Ursula erschöpft in ihr Nest fiel.
Pushkar
Denn am Folgetag ging es bereits um 5 Uhr los mit dem Zug nach Ajmer und weiter nach Pushkar. Im Zug gab es gar nicht mal so schlechtes Frühstück und kleine Thermoskannen heißen Wassers zum Tee aufbrühen. In Pushkar durften wir dann von unserem Reiseleiter Dushyant – der übrigens Model ist und bei Mr. India einst unter den Top 5 gelandet ist – die Reinigungszeremonie am heiligen See erlernen und in der Wüste in bunten Gewändern eine Zaubershow bewundern….da hat Ursula nicht schlecht gestaunt, als plötzlich Täubchen unter einem Korb auftauchten!!
Jaipur
Und weiter ging die wilde Fahrt im LocalTrain nach Jaipur, der Hauptstadt Rajastans. Den Beinamen „Pink City“ erhielt sie 1876 bei einem Besuch von Prinz Albert, der es wohl nicht so mit Farben hatte…. denn die Gebäude sind alle wunderschön terracottafarben. Auf dem Markt durften wir einige Gewürze und andere Köstlichkeiten probieren, bevor wir zum beeinduckenden Amer-Fort fuhren. Die Aussicht hatte etwas von Chinesischer Mauer und das Fort selbst mit seinen vielen Verzierungen und dem Glaspalast war einfach wunderschön. Am nächsten Morgen ging es per Rikscha durch den verrückten Verkehr auf eigene Faust noch zum Wasserpalast – Ursula war ganz blass um den Schnabel auf der wilden Fahrt, danach mit der Gruppe zum Monkey Temple. Affen mögen wir ja so gar nicht…auch wenn sie ganz putzig im Wasser spielten oder uns ganz unverfroren ansprangen -.- Der Vogel blieb deshalb lieber im Rucksack! Nach diesem tierischen Erlebnis schauten wir uns zur Entspannung erst mal einen waschechten Bollywood-Streifen in einem der schönsten Kinos der Welt an – incl. Gejubel der Inder bei diversen Kampfszenen – und landeten daraufhin in einer Autowerkstatt, die sich nach Feierabend in ein Restaurant verwandelte! Verrückt!
Agra
Morgens in Jaipur noch kurz an der Fassade des Hawa Mahal vorbei, düsten wir auch schon weiter nach Agra, wo wir uns statt um ein neues Weltwunder erst mal um die Hygiene in unserem Hotelzimmer kümmern mussten… ein Hoch auf Hygienespray und -tücher! Dann ging es zu einer Überraschung unseres Guides: Mit gesenktem Blick stiegen wir in der Altstadt ein sich in der Renovierung befindendes Treppenhaus hinauf bis auf das Dach des Hauses. Beim Blick über die Schulter dann offene Schnäbel und pure Freude! Wir stehen auf einem Dach mit Blick auf das Taj Mahal im Sonnenuntergang! Das Dach gehört zu einer Rooftop-Bar und hat kein Geländer 😀 Runtergefallen ist letzten Endes niemand und die schönen Momente sind für uns unvergesslich!
Nach einer nicht ganz so erholsamen Nacht betraten wir dann auch das Gelände, das wir am Vorabend noch von oben bestaunt haben…. das Taj Mahal gilt als symmetrischstes Bauwerk der Welt und wurde von Shah Jahan aus Liebe zu seiner verstorbenen Frau erbaut. Und es hat uns tatsächlich in seinen Bann gezogen und verzaubert!
Das Kontrastprogramm dazu folgte aber direkt im Anschluss: Unser Mittagessen bekamen wir in einem Restaurant in dem Säureopfer arbeiten. In Indien sind Säureanschläge leider immer noch keine Seltenheit und die Leben der Opfer sind danach zerstört. Es ist toll zu sehen, dass es Organisationen gibt, die sich für eine selbstständige Zukunft der Opfer einsetzt und war uns eine Freude diese mit wilden Souvenirkäufen zu unterstützen! 🙂
Am Nachmittag dann nochmal eine Sehenswürdigkeit vor dem gefürchteten Nachtzug nach Varanasi: das Baby Taj…. eigentlich aber ein Vorreiter des berühmten Bauwerks. Die verspielten Steinarbeiten und Gemälde haben uns aber nicht weniger verzaubert als das Taj Mahal…Das Baby Taj ist anders aber genauso sehenswert!
Varanasi
Der Nachtzug hat uns den Rest gegeben und die Erkältung hat letztendlich gesiegt, was nicht minder an den gut gemeinten obligatorischen 10°C in jedem klimatisierten Raum liegen mochte…da konnte auch der Morgen-Chai im Zug nicht mehr helfen. Tapfer kämpften wir uns aber noch durch den Tag: In Sarnath bestaunten wir eine riesige Buddha-Statue an der Stelle, wo Buddha seine erste Predigt hielt und in einem muslimischen Weberviertel in Varanasi hörten wir das Klappern der Webstühle, die edle Tücher mit bunten Mustern webten. Ein alter kleiner Mann erklärte uns dabei den Prozess: Lochkartenerstellung, Fadensortierung, Weben. In fast jedem Haus sahen wir die Webstühle und die Geräuschkulisse war wahnsinnig laut… so etwas haben wir wahrlich noch nicht gesehen! Dann war es aber vorbei mit der Energie, den kompletten folgenden Tag verbrachten wir im Bett und verpassten einen Altstadtspaziergang mit Holy Dip im Ganges und diverse Leichenverbrennungen. Den Handleser haben wir uns aber am frühen Morgen trotz fehlender Stimme nicht nehmen lassen!
Auf dem Weg zur Grenze, mit halbwegs wieder hergestellter Gesundheit, staunten wir dann nicht schlecht, als wir am längsten Bahnsteig der Welt ankamen und in der LKW-Schlange vor der Grenze erspähte Ursula sogar den ein oder anderen Bharat Benz.
Fazit:
Indien hat uns tatsächlich mehr gefallen, als wir das zunächst gedacht hätten. Bunte Farben, unvergessliche Erlebnisse und leckeres Essen ohne Nachwirkungen. Wir lernten viel über die Kultur und bekamen bleibende Eindrücke, die mehr zählen als die normale Sightseeingtour. Das Thema Müll ist in den letzten Jahren wohl schon deutlich besser geworden…dennoch ist noch sehr viel zu tun! Kasten gibt es offiziell nicht mehr, inoffiziell ist es beim Heiraten (in der arrangierten Ehe) aber doch noch allerorts präsent. Am Ende hat die viele Huperei allerdings sehr genervt und wir waren glücklich die Grenze zu Nepal zu sehen! Eine Woche reicht also definitiv; wir sind trotzdem froh, dass wir dort waren und nun eine eigene Vorstellung haben.
Desweiteren:
Inder tragen Hemden
Ohne Hüttenschlafsack ist man verloren (oder nicht zugedeckt)
Es ist schöner als gedacht
Es ist grüner als gedacht
Frauen fahren Taxi (selbst!!)
Das Essen ist unglaublich lecker!
Wer hupt hat Recht.
Es gibt keine Plastiktüten mehr… Nur Zellstoff. Ach, Deutschland!
Empfehlungen:
- Delhi: ein Fahrer bei www.indien-reise.com buchen… Hr. Minglani hilft gerne weiter. Beim Besuch des Hindutempels konnten wir so alles Verbotene im Auto lassen.
- Agra: Das Restaurant von Sheroes (www.sheroeshangout.com) besuchen und etwas Gutes tun!
- Jaipur: ein Kinobesuch im Raj Mandir Kino!