Kirgizstan und Kasachstan – Juli 2018
Ein weiteres Mal zog es uns an die Seidenstraße: Wo einst Dschingis Khan seine Spuren hinterließ und Wüsten, Steppen und Berge das Land prägen, dort hat es uns dieses Mal hin verschlagen. Fast 60% des Landes von Kasachstan sind Wüsten und Halbwüsten; in Kirgizstan herrscht dagegen das Gebirge vor. Ursula und ich wollten aber vor allem wieder das grandiose Essen dort genießen und ein weiteres Mal in einer echten Jurte übernachten.
Kasachstan
1994 wurde Kasachstans Hauptstadt von Almaty (ehem. Alma-Ata) nach Astana verlegt, das Dubai der Steppe und Gastgeber der EXPO 2017. Angefangen hat es für uns, nach einem kurzen Zwischenstopp im wunderbaren Istanbul, mit einem liebenswürdigen Taxifahrer, der uns mittels Sprachapp nachts um 3 schon mal die Sehenswürdigkeiten Astanas erklärt hat. Am nächsten Morgen haben wir diese dann zu Fuß (weil wir die Haltestelle vom Touri-Bus nicht gefunden haben) erkundet und uns den Steppenwind um die Schnäbel wehen lassen. Zunächst haben wir uns den Bayterek-Turm von außen angesehen und sind auf dem Nurzhol-Boulevard in Richtung des Präsidentenpalastes marschiert. Menschen haben wir dabei wenige gesehen, was wohl aber am Sonntag lag. Dann hat Ursula mich am Konzerthaus vorbei über den Fluss gelotst zu einer leider gerade in Renovierung befindlichen Pyramide, einer riesigen Moschee und zwei Museen, von denen eines jedoch geschlossen war. Im anderen haben wir dann aber einen sehr hilfsbereiten Englisch-sprechenden jungen Mann gefunden, der uns die Bushaltestelle gezeigt hat und sogar im Internet nach den Fahrzeiten geschaut hat. Da der nächste Bus noch etwas gebraucht hat, hat er uns direkt noch ins Museum gebeten, das an diesem Tag ohnehin gratis war. Und es hat sich gelohnt: eine spektakuläre Show über das künftige Astana. Ursula hat im Takt der fetzigen Musik mitgetanzt. Mit dem Bus (hurra!) ging es dann Richtung Expo. Allerdings musste der Fahrer noch eine kurze Pause einlegen, wodurch wir kurz im Ailand gestrandet sind, einem Kinder-Freizeitparadies incl. Schwimmbad mit Sichtscheibe. Die Expo hat uns dann wirklich umgehauen… einfach verrückte Gebäude! Da wir nun schon fast alles sehenswerte gesehen hatten, gingen wir den Folgetag gemütlich an. Über den Boulevard in die andere Richtung bestaunten wir zunächst die goldenen Kuppeln der strahlend weißen Nur Astana Moschee und die Oper, danach ging es in eine Mall: Khan Shatyr. Diese zählt zu den Top 10 der umweltfreundlichen Gebäuden und beherbergt neben zahlreichen Geschäften auch ein Schwimmbad und einen Freizeitpark. Beim Anblick der großen Dinos ist Ursula fast die Luft weg geblieben, aber ich habe sie sicher daran vorbei geführt und sie auf die Modern Talking-Hits im Hintergrund aufmerksam gemacht. Zu guter Letzt fuhren wir in die goldene Kugel des Bayterek-Turms hinauf und genossen nochmal den Blick auf diese futuristische Stadt, deren Einwohner – bis auf wenige Ausnahmen – zwar recht kühl sind, die aber architektonisch der absolute Wahnsinn ist!
Von der neuen geht es in die alte Hauptstadt, die uns viel lebhafter, weltoffener, einfach echter vorkommt. Wir treffen unsere Gruppe, den Tourguide Lejla und sind sehr zufrieden mit den Mitreisenden. Tags drauf erkunden wir gemeinsam die Stadt: den Panfilov-Park, das Kriegerdenkmal, Militärmuseum, Uni und Unabhängigkeitsdenkmal. Überall sind Bäume, es ist verdammt grün hier 🌳🌳🌳. Dann fliegen wir mit einer echten kasachischen Gondel auf den Aussichtsberg Kök-Töbe und genießen das herrliche Panorama und die merkwürdigen Fahrgeschäfte. Da Ursula Angst vor den vielen Wespen dort hat, fahren wir dann aber schnell wieder hinunter in die Stadt und marschieren tapfer durch die Hitze Mittelasiens zurück Richtung Hotel. Unseren letzten Vormittag in Kasachstan verbrachten wir zunächst auf einem Straßenmarkt und weiter im glühend heißen Charyn Canyon. In diesem liefen wir an die 3 km bis zum reißenden Fluss und das selbe wieder zurück, erblickten verunglückte Autos und etliche tolle Sandstein-Formationen und die Toiletten oberhalb waren herrlich nett. Danach ging es weiter zur kasachisch-kirgisischen Grenze durch wunderschöne Landschaften und über so holprige Straßen, sodass Ursula das ein oder andere Mal fast durch den Bus geflogen ist 😉.
Kirgizstan
Hinter der Grenze wurden wir – mit brandneuem Stempel im Pass – direkt von einer tierischen Straßenblockade und einen riesigen Schwarm vorbeiziehender Raben empfangen. Schöner geht es nicht. Auch das Tal durch das wir fuhren und die Panorama-Aussicht auf schneebedeckte Berggipfel taten dem kein Abbruch. Im Przewalski-Museum, einem russischen Forscher und Entdecker gewidmet, dessen Sohn ggf. Stalin ist, lernten wir einiges über dessen Reisen durch Mittelasien und in Karakol besichtigten wir eine Moschee im chinesischen Stil und eine Holzkirche, die in soviet-zeiten als Turnhalle genutzt wurde…. Ursula war aber, wie immer, mehr für die Natur zu begeistern und so überschlug sie sich fast beim Anblick der Hügel der 7 Bullen und unseres Jurten-Camps im Tal der Blumen. Mit grollendem Gewitter im Hintergrund nahm sie dann sogar freudig Kontakt mit kirgisischen Kühen auf. Den Tag ließen wir gemütlich ausklingen und wurden nach einer herrlichen Nacht in der Jurte von Muhen und Wiehern geweckt.
Ein Spaziergang durch die Schlucht entlang eines reißenden Flusses war der Beginn eines weiteren aufregenden Tages an dem wir außerdem eine Jurte gebaut und Ursula im zweitgrößten und zweitklarsten See der Welt, dem Issyk-Kul See, geplanscht hat. Dieser ist so groß, dass man die Bergriesen am anderen Ufer gerade noch erahnen kann. Da kam das selbstgemachte Boorsok Brot am Nachmittag gerade recht. In Kochkor bekamen wir einen Lehrgang im Filzen von einer unglaublich fröhlichen Gastgeberin und durften sogar unseren eigenen kleinen Teppich designen. Danach ging es hinauf auf 3016m zum Song Kul, dem letzten See, wo das nächste Jurtencamp auf uns wartete. Auf dem Weg dorthin hat Ursula einige Kamele entdeckt, gefolgt von einer Yak- und einer Pferde-Herde. Das Jurtencamp am See war herrlich friedlich und bei einem kleinen Spaziergang konnten wir einfach die Seele baumeln lassen. Geweckt worden wir auch hier von einer kräftigen Morgenmusik aus Wiehern, Muhen, I-A-en und Krähen.
Über den malerischen Kalmak-Pass und dessen geschotterte Straßen fuhren wir sodann wieder zurück Richtung Kochkor und weiter ins Chong Kemin Tal, wo es einige Hügel und Berge und die größte Hacke der Welt gibt (engl. the biggest hoe of the world! ;)). Bei einem gelungenen Lagerfeuer – wir haben 🔥 gemacht! – und ein wenig Vodka ging unser letzter gemeinsamer Abend mit der Gruppe zu Ende. Doch die gemeinsame Reise sollte erst am nächsten Nachmittag enden. Davor haben wir uns noch den Burana-Turm angeschaut, seineszeichens UNESCO-Weltkulturerbe, und sind in Kirgizstans Hauptstadt Bischkek gefahren, wo Ursula heimlich ein Bild vor dem Präsidentenpalast gemacht hat. Die Stadt bzw. das Land hat in den letzten Jahren einige Revolutionen erlebt und dafür auch schöne Denkmäler gefunden. Gefunden haben wir auch Lenin, Marx und Engels, bevor der Abschied nahte. Allein haben wir uns dann auf Souvenirjagd begeben, einen Becher Kvas probiert (Brotsaft) und einen trotz mangelnden Englischkenntnissen sehr freundlichen Sushi-Mann entdeckt. Am letzten Tag in Bischkek durften wir dann noch ein letztes Highlight erleben: den Besuch im SOS Kinderdorf, wo wir schon seit etlichen Jahren ein Patenkind haben. Und dort erlebten wir echte kirgisische Gastfreundschaft und Herzlichkeit und nehmen dieses Erlebnis gerne zur Erinnerung mit nach Hause! 💜
Fazit
In Kasachstan könnten alte und neue Hautstadt nicht unterschiedlicher sein: Astana ist eine Stadt ohne Wechselgeld und ohne Lächeln. Alles wirkt sehr geplant und kühl. Almaty ist grün und weltoffen. Kirgizstan hat eine wunderschöne Natur zu bieten und herzliche Menschen kann man an jeder Ecke finden. Jurten-Camps sind verdammt toll und auch handwerklich konnten wir auf dieser Reise auch ein bisschen was lernen. Doritos für Ursula waren leider nirgends zu finden. Mercedes-LKW bis zum vorletzten Tag auch nicht, in Bischkek dann recht viele! 😉 So wunderschön diese Länder nun waren, haben sie uns dennoch Mal wieder gezeigt in welchem Paradies wir in Europa leben, anfangen bei den Toiletten über Supermärkte bis hin zu den Straßenverhältnissen. Aber auch, dass die Menschen, die am wenigsten haben, einem Gast das meiste geben! Vielen Dank an alle Mitreisenden für eine weitere tolle Reise, die wir so schnell nicht vergessen wollen!
29. Juli 2018 at 0:31
Wieder ganz toll Lisa. Ich bewundere Euch wie ihr das alles bewerkstelligt
Freue mich schon auf Euren nächsten Beitrag-
Liebe Grüße Karl-Heinz